Zum Weltfrauentag: Warum 50/50 bei uns nicht funktioniert hat!

Im Netz wird zur Zeit viel über das Thema #Vereinbarkeit und 50/50 Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit diskutiert. Der Stein wurde nicht zuletzt durch das Buch “Papa kann auch stillen: Wie Paare Kind, Job und Abwasch unter einen Hut bekommen“ ins Rollen gebracht. Ein Paar setzt sich zusammen und diskutiert, wie sie sich die Aufgaben rund um Kind und Berufstätigkeit teilen wollen. Sie entscheiden sich für 50 /50, beide arbeiten ähnlich viel und teilen sich die Betreuung der Kinder. Auch der Politik ist es wichtig, dass sich die Frauen frei entscheiden können, wie lange sie im Beruf aussetzen, wann und mit wie vielen Stunden sie wieder einsteigen, es soll “Wahlfreiheit“ geschaffen werden.
Doch was ist, wenn es diese Entscheidungsmomente so nicht gibt? Wenn einem das Leben einfach dazwischen kommt oder die Ausgangslage eine ganz andere ist?
Natürlich ist es ein gutes Gefühl, selbst entscheiden zu können. Es ist absolut wünschenswert, dass sich Paare auf Augenhöhe zusammen setzen, ihr Leben als Familie planen und sich gegenseitig unterstützen, so dass beide gleichberechtigt arbeiten können und Zeit für sich haben.
Aber das funktioniert so leider nicht immer und die Arbeitswelt heute macht es einem nicht leichter. 

Warum 50/50 bei uns nicht funktioniert hat:
Als Kind 1 unterwegs war, hatte der Mann gerade angefangen, nach dem Studium zu arbeiten, ich hatte mein Studium noch nicht beendet.
Kind 2 kam schnell hinter Kind 1 und ich beendete mein Studium.
An diesem Punkt war der Mann mitten in der Facharzt-Weiterbildung und malochte viele Stunden und Wochenenden im Krankenhaus. Als Diplom-Psychologin habe ich weit und breit keine Teilzeitstelle gefunden. Vollzeit mit zwei kleinen Kindern und einem mehr als Vollzeit arbeitenden Mann konnte ich mir nicht vorstellen.
Dann kam Kind 3 und bei erneuter Stellensuche der Spruch: mit drei Kindern bleiben Sie mal besser zu Hause!
Tatsächlich habe ich dann doch Möglichkeiten gefunden, ein kleiner Seiteneinstieg, wenn auch nur wenige Stunden auf Honorarbasis, die mir aber viel Spaß gemacht haben.
Dann kam Kind 4 und gleichzeitig machte sich der Mann selbstständig. 
Das schafft nun wieder andere Voraussetzungen, denn er kann sich die Arbeit freier einteilen. Aber für mich ist es trotzdem nicht leichter, denn was nützt mir mein 10 Jahre altes Diplom? Um wirklich gleichwertig arbeiten zu können, müsste ich eine Therapieausbildung machen. Ganz abgehakt habe ich das noch nicht, auch wenn die Hürden, die einem da in den Weg gelegt werden, immens sind (das Ganze wird derzeit überarbeitet, das lässt hoffen).

Ich frage mich wirklich, wann ich eine andere Entscheidung hätte treffen können. Wann wäre der Einstieg in den Beruf gelungen? Ist es wirklich schon zu spät?

Und was ist mit der Arbeit, die ich täglich in der Familie leiste: all die Körbe Wäsche, das Kochen, Hausaufgabenbetreuung, Lern-Coaching, Trösten, Kleinkind-Betreuung. Was mich an der Diskussion auch immer etwas stört ist das In-den-Himmel-heben der Erwerbsarbeit und die mangelnde Wertschätzung der Familienarbeit.  Und so arbeite ich im Moment je nach Blickwinkel 0% oder 100%, gefühlt jedenfalls viel mehr als ich manchmal aushalte.

Nachtrag: Inzwischen gibt es eine Blogparade zum Thema beim Elternhandbuch. Schaut doch mal rein!

Kommentare

tinkaswelt hat gesagt…
Ich kann Dich voll und ganz verstehen!!! Mein Mann ist beruflich sehr eingebunden mit vielen, vielen Geschäftsreisen und zwar habe ich "nur" ein Kind, das war aber so oft krank, dass an Arbeit gar nicht zu denken war. Mein alter Arbeitgeber bot mir nur Vollzeit und das mit einem Arbeitsweg von über eine Stunde einfach, keine Option. Als ich dann wieder überlegte, einen Job zu finden, hieß es vom Arbeitsamt: Was? Ein 10 Jahre altes Diplom? Wie wäre es mit einer Umschulung zur Bürokauffrau, 3 Jahre lang? So sind sie jetzt UNGELERNT. Das war wirklich frustrierend! In dem letzten Abschnitt stimme ich Dir absolut zu!! Heutzutage zählt nur, für die Firma da zu sein, das Gefühl habe ich auch.
LG
Tinka
Anonym hat gesagt…
Ich denke, es geht vielen Frauen so oder so ähnlich. Der gute Willen (beider Ehepartner) genügt leider nicht, die Bedingungen rundherum spielen eine große Rolle. Und was die Anerkennung der vielen Gratis-Arbeit betrifft, davon reden wir lieber gar nicht... :( Mich ärgert, dass diese einfach vorausgesetzt wird bei uns Frauen, so als hätte sie mit dem Frau-Sein an sich zu tun. *augenroll*
linnea hat gesagt…
Ich kann deinen Ärger und auch die Enttäuschung darüber, dass die Arbeit in der Familie nicht honoriert wird, gut verstehen - und aufgrund der Entwicklung auch bei uns leider auch mitfühlen. Für mich hoffe ich noch, dass ich den Einstieg in die Arbeitswelt noch meistern werde. Dir drücke ich die Daumen, dass sich neue Perspektiven eröffnen!
Linnea
HighKay hat gesagt…
Hi Micha,
ich kenne das gut - manchmal ist die Realität einfach wie sie nun mal ist und man kann kaum wählen.
Wir vom Elternhandbuch drücken jedenfalls alle Daumen für einen Wiedereinstieg in deinen Beruf!

Danke, dass Du an unserer Blogparade teilgenommen hast - ein Link zur Parade wäre nett & gehört eigentlich dazu :-)

Liebe Grüße
Heike vom Elternhandbuch
Linnea hat gesagt…
Ich kann deine Familiengeschichte und deine Argumente gut verstehen. Wir hatten eine ganz ähnliche Ausgangskonstellation (1. Kind und der Mann war einen Schritt weiter in der Ausbildung als ich und beim 2. Kind er noch weiter und ich noch in der Promotion) und auch bei uns war es so, dass ich mit dem Abbruch der Promotion einen recht krassen Nachteil in Kauf genommen habe. Jetzt arbeitet mein Mann ca. 50 Stunden plus Rufbereitschaften usw. und ich habe einen 35h-Vertrag plus ca. 90 Minuten Pendeln am Tag. Obwohl die Kinder noch klein sind, klappt das, mit viel Durchbeißen. Letztendlich war aber unsere Motivation dafür, dass wir beide Leitungspositionen haben (wollten). Ich gebe zu, dass es mir die Mühen für einen anderen Job ohne diesen Aspekt nicht wert gewesen wäre. Und natürlich: Das, was du so viel machst, deine ARBEIT, das ist sie wirklich, haben wir zu großen Teilen ausgelagert. Wir haben Ganztagsplätze in der Kita, ab und an einen Babysitter für Randzeiten und außerdem auch eine Haushaltshilfe. Man sollte sich da nicht von irgendetwas blenden lassen und das tun, was für die Familie richtig scheint. Widerstände von außen hingegen lasse ich nicht so leicht an mich heran, obwohl auch bei mir diese Nachfragen im Bewerbungsgespräch kamen (Wie ICH das mit zwei kleinen Kindern machen möchte usw.). Also, wenn du nochmal in die Ausbildung willst, dann tu das :). LG

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